Stellung der Finanzprokuratur
Die Finanzprokuratur ist als Anwalt und Berater der Republik Österreich eine jahrzehntelang bewährte Einrichtung und nicht zuletzt aufgrund ihrer Stellung als Organ des Bundes und ihrer damit verbundenen umfassenden Kenntnis der Verwaltungsinterna unentbehrlich für die Rechtsvertretung und -beratung der Republik Österreich.
Innerhalb der österreichischen Verwaltung
Organisatorisch ist die Finanzprokuratur als Organ ausgebildet und in den Verwaltungskomplex des Bundesministeriums für Finanzen eingegliedert. Allerdings ist sie keine nachgeordnete Dienststelle im klassischen bzw. funktionellen Sinn, zumal die Anwältinnen und Anwälte der Finanzprokuratur bei der Erfüllung ihrer Vertretungs- und Beratungstätigkeit außerhalb ihres eigenen Auftrages keinen Weisungen des Bundesministeriums für Finanzen unterliegen, sondern ausschließlich ihrem jeweiligen Auftraggeber/Mandanten verpflichtet sind.
Als Dienstbehörde erster Instanz kommen der Finanzprokuratur auch hoheitliche Befugnisse zu, wodurch sie als Behörde zu qualifizieren ist; ihre Funktion als Anwalt und Berater ist privatwirtschaftlicher Natur.
Die von der Finanzprokuratur wahrgenommenen Aufgaben gehören insofern zu den „Kernaufgaben“ eines Staates, als anwaltliche Vertretung und Beratung für den Staat als Träger des Privatrechtes unverzichtbar ist. Die Finanzprokuratur hat über die anwaltliche Vertretung und Beratung in konkreten Einzelfällen hinaus ganz allgemein das öffentliche Interesse zu wahren und stellt damit eine wesentliche Stütze der staatlichen Verwaltung dar.
Diesen Umständen entsprechend existieren in den meisten europäischen Staaten mit der Finanzprokuratur vergleichbare Institutionen, denen die Vertretung und Beratung des Staates sowie staatsnaher Einrichtungen als Rechtsträger des Privatrechtes obliegt.
In der Finanzprokuratur sind derzeit 46 Anwältinnen und Anwälte tätig, die nicht nur die Rechtsanwaltsprüfung, sondern darüber hinaus eine umfangreiche Dienstprüfung (sog. Prokuraturprüfung) innerhalb von fünf Jahren ab Diensteintritt bei sonstiger ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgreich zu absolvieren haben.
Damit gehören die Anwälte der Finanzprokuratur zur Elite unter den Rechtsberatern, was auch die hohe Prozesserfolgsquote der Finanzprokuratur widerspiegelt. Die Finanzprokuratur ist zugleich ein Garant dafür, dass nur solche Verfahren geführt werden, die im Interesse des Staates sachlich geboten sind und sich nicht bereits im Vorhinein als aussichtslos oder wirtschaftlich unvertretbar darstellen.
Auch der Rechnungshof hat in seinem umfassenden Prüfbericht die hohe juristische Qualität der Finanzprokuratur sowie die fundierte Ausbildung und das hohe Engagement der Prokuraturanwältinnen und -anwälte hervorgehoben.
Mit der Finanzprokuratur vergleichbare Einrichtungen
In zahlreichen Ländern bestehen mit der Finanzprokuratur vergleichbare Einrichtungen, denen die Vertretung und Beratung des Staates als Rechtsperson des Privatrechtes obliegt. Dabei lassen sich bei allen Unterschieden im Detail zwei Grundformen unterscheiden.
Die kontinentalen Systeme sehen eine zentrale, einem Ministerium ein- oder angegliederte Institution vor. So ist beispielsweise in Italien die "Avvocatura dello Stato" eingerichtet, in Spanien die "Direccion General del Contencioso del estado", der auch die "Abogados del Estado" angehören, oder in Portugal die "Procuradoria-Geral da República". In vielen Ländern Südamerikas bestehen Einrichtungen, die der spanischen oder der portugiesischen Institution nachgebildet sind. Weiters wird die Europäische Kommission vor dem EuGH durch den Juristischen Dienst vertreten.
Die angelsächsischen Systeme verfügen über eine zentrale Staatsadvokatur unter der Leitung eines Generalanwaltes. In England wird der "Attorney General" durch den "Solicitor General" unterstützt, einen "Attorney General" gibt es unter anderem auch in Irland, in Australien und in vielen ehemaligen Kolonialstaaten. In den USA ist der "Attorney General" gleichzeitig Justizminister, ihm untersteht der "Solicitor General", welcher für die Prozessführung namens des Staates vor dem Obersten Gerichtshof zuständig ist.
Ob die mit der Finanzprokuratur vergleichbaren Institutionen selbst einschreiten oder Anwälte beauftragen, wird unterschiedlich gehandhabt. Aber auch dort, wo vor Gericht Anwälte auftreten, gibt es ganz überwiegend institutionalisierte Vertretungen (Kronanwälte, avocats agrégés u.s.w.), bei denen die Anwälte unter Aufsicht und Leitung der zentralen staatlichen Einrichtung stehen.